Vortrag

Ethische Dilemmata sozialer Nachhaltigkeit (10.5.2021)

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Am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst hielt Prof. Dr. Michael Opielka am 10. Mai 2021 einen öffentlichen Vortrag zum Thema „Ethische Dilemmata sozialer Nachhaltigkeit. Zwischen persönlicher Freiheit und dem Schutz von Gemeingütern“, beispielhaft untersucht an den Beispielen Fleischkonsum und Coronapolitik. Vortrag und Diskussion sind online zum Streaming und Download verfügbar.

Hier finden Sie zunächst eine Zusammenfassung des Vortrages, dann die Powerpoint-Präsentation und schließlich die YouTube-Fassung des Vortrages mit Diskussion:

Die Vereinten Nationen verabschiedeten 2015 die Agenda 2030 mit 17 universalen Sustainable Development Goals (SDG), die in die Politikprogramme der Mitgliedsstaaten wie auch der EU integriert wurden. Die SDG behandeln in den Haupt- und Unterzielen wesentlich sozialpolitische Themen, verknüpft mit ökonomischen und ökologischen Forderungen. Sozialpolitik galt Max Weber als angewandte Soziologie. Im 21. Jahrhundert spricht viel für eine Soziologie, die sich diesem transdisziplinären und transformativen Kontext stellt. Dies führt zu einem Perspektivenwechsel, weg von einer eingeschränkten sozial-ökologischen Sichtweise und hin zur Etablierung eines Diskurses um Soziale Nachhaltigkeit. Dieser kann durch einen Transfer der etablierten Konzeption der Wohlfahrtsregime (Gøsta Esping-Andersen) auf die Nachhaltigkeitsforschung gelingen. Während Max Weber auf die Wertfreiheit der Sozialwissenschaften setzte, bemüht sich Esping-Andersen um die Wertreflexivität der Sozialpolitikforschung. Beide Perspektiven helfen bei der Diskussion der Frage nach der Normativität der Sozialen Nachhaltigkeit als zugleich Wissenschaftsdisziplin und Politikprogramm. Dies wird anhand des spannungsvollen Verhältnisses von Individualfreiheiten und Gemeingütern diskutiert, das bereits die frühe Diskussion um den Wohlfahrtsstaat und Sozialreformen im späten 19. Jahrhundert prägte und am Beginn 21. Jahrhunderts die Diskussion um Soziale Nachhaltigkeit, wie die Diskurse über Fleischkonsum oder die Coronapolitik zeigen. Beide Diskurse reflektieren Polarisierungen auf der moralisch-gemeinschaftlichen Ebene (Solidarität, Rücksichtnahme) und auf zwei ethisch-legitimativen Ebenen: wissenschaftsethisch geht es um die Frage, ob überhaupt Wahrheitswerte verfolgt werden können; religionsethisch geht es um die Entscheidung zwischen partikularen und universalen Letztwertkonzepten. Wer sich seine Werte gruppenhaft zusammenzimmert, für den sind Diskurse nur Spiel ohne Ziel. Soziale Nachhaltigkeit ist damit trotz Verankerung in den UN-Nachhaltigkeitszielen kein Selbstläufer, auch die Wissenschaft muss ihr Beine machen.

Literaturhinweise zur Vertiefung:
Michael Opielka, Soziologie Sozialer Nachhaltigkeit – Zur Idee der Internalisierungsgesellschaft. In: Culture, Practice & Europeanization, Vol. 2, No. 2, 2017, 4-19 (online unter: https://www.isoe.org/veroeffentlichungen/aufsaetze/michael-opielka-soziologie-sozialer-nachhaltigkeit-zur-idee-der-internalisierungsgesellschaft-2017/)
Opielka, Michael (2017). Soziale Nachhaltigkeit. Auf dem Weg zur Internalisierungsgesellschaft. München: oekom

Hier finden Sie die Powerpoint-Präsentation: Michael Opielka, Ethische Dilemmata sozialer Nachhaltigkeit, Hanse Wissenschaftskolleg 10. Mai 2021

Hier finden Sie die Videoaufzeichnung von Vortrag und Diskussion: